Ich wünschte mir, es gäbe ein Wort für all die Dinge, die ein Mensch im Laufe eines gewöhnlichen Lebens gemeinsam erleben würde, doch, in Ermangelung dessen, entweder gar nicht; oder aber alleine durchschreitet.
2023/01/19
Ich wünschte mir, es gäbe ein Wort für all die Dinge, die ein Mensch im Laufe eines gewöhnlichen Lebens gemeinsam erleben würde, doch, in Ermangelung dessen, entweder gar nicht; oder aber alleine durchschreitet.
2023/01/19
Die Individualität ist tot; es lebe der Konformismus.
Heute Morgen bin ich aufgewacht und habe in den Himmel hinausgesehen. Es war kalt, auch mit einer Decke um den Schultern, und mein Atem hinterließ kleine Wölkchen in der Luft. Der Himmel nachtblau, hell der einsame Sichelmond darin. Und ich habe ein wenig geweint, um Dich. Weil ich nicht weiß, wo Du liegst, und kein Grab kenne, in dem Du ruhst, habe ich mir den Sichelmond dafür ausgesucht. Gestorben bist Du still, auf einem Schlachtfeld, das außer mir keiner sehen konnte. Aufgestiegen bist Du, hast Dich ganz wie die anderen aufgelöst. Kein Blut, kein Laut, nur die Tränen derer, die es mitansehen mussten. Ob wir es sind, die nicht zurückgeblieben, sondern immer schon dagewesen waren? Wir, die wir sehen konnten, weil wir einsam waren?
2023/01/17
Was gäbe ich um Sehnsucht;
doch mehr als ein Könnte
ist das Leben nie gewesen.
2023/01/16
Ich bin in die Stadt gefahren, heute. Die Stadt, die mir sonst viel zu fern und groß ist. Ich verstand schnell, dass zwischen ihr und mir wahrlich nichts gleich gewesen war, hatte sie doch mit einem einfachen Schritt vor die Türe unter Tausenden sein können. Kein Wunder, dachte ich mir, dass ihr der Abschied so leichtgefallen war. Aber hätte ich das auch wollen, Tag für Tag zwischen Häuserschluchten aufzuwachen und dort zu leben? Ich glaube nicht, doch blieb mir stattdessen nichts als Einsamkeit. Manchmal frage ich mich dann, ob für jene Menschen, die einsam sind, leben und sterben nicht dasselbe sind, geschehen sie doch beide nur vor den eigenen Augen.
2023/01/13
Ganz zu Beginn war die Einsamkeit; und nichts auf der Welt wird mich je hinter sie blicken lassen. Jeden Schritt, den ich wage, führt doch nur zu ihr zurück und niemals darüber hinaus. Einsam zu sein, heißt als Toter wiedergeboren zu werden.
Ich denke manchmal darüber nach, mit welcher Präzision mein Leben Stück für Stück auseinandergefallen ist; zumindest das, was ich einmal als mein Leben wahrgenommen und für lebenswert gehalten hatte. Doch wenn ich heute daran zurückdenke, verstehe ich, dass all das eigentlich schon viel früher begonnen hatte. Nur gesehen, gesehen hatte ich es damals noch nicht. Und obwohl es schmerzt, und ich nichts daran ändern konnte und auch heute nicht kann, bin ich doch nicht ohne Faszination darüber, wie geradlinig alles verlaufen war. Es schien mir, so als würde auf dem Weg nach unten alles ineinandergreifen. Und wenn ich …
Das Schlimmste am Leben ist, einen weiteren Tag darin aufwachen zu müssen.
2023/01/11
„Als das Kind Kind war,
ging es mit hängenden Armen,
wollte der Bach sei ein Fluß,
der Fluß sei ein Strom,
und diese Pfütze das Meer.
Als das Kind Kind war,
wußte es nicht, daß es Kind war (…).“
[Peter Handke, Lied Vom Kindsein]
Als das Kind Kind war, wusste es nicht, dass es einsam war.
2023/01/10
„Das ist also die Einsamkeit, Raphaela.
Oh, das ist schlimm, sag ich Dir.
Keiner hört, was im Anderen vorgeht. Keiner sieht dem Anderen ins Herz. Niemand fragt mal was, nicht einmal nach dem Weg.
Was soll ich hier denn überhaupt? (…)
Nichts macht mehr Sinn. (…)
Es schafft sich jeder in seinem eigenen Sehen und Hören seine eigene Welt. Und darin ist man ein Gefangener. Und aus seiner Zelle sieht man die Zelle der Anderen.“
[In weiter Ferne, so nah. 1993]
2023/01/09