Nur das, was wir alleine sind, sind wir wirklich.
2021/09/26
Nur das, was wir alleine sind, sind wir wirklich.
2021/09/26
Seit einer Weile fällt es mir schwer mit jemandem zusammen zu sein. Nicht etwa, weil ich mich per se nicht selbst ertragen könnte, sondern weil ich mich längst durch ihre Augen sehen, und dabei begreifen muss, was ich alles nicht bin. Die Vorstellung, für einen anderen irgendetwas bestimmtes, mir fremdes sein zu müssen, erschreckt mich heute derart, dass ich es vorzuziehen scheine, für niemanden irgendetwas zu sein – allenfalls einsam. Ich wäre um jeden Abschied dankbar; ist’s doch an ihm, mich vor mir selbst zu erlösen.
2022/05/18
Vielleicht ist das Wesen einer guten Reise das Gefühl unendlich weit gekommen zu sein; so weit, dass der einstige Aufbruch und jedwede Etappe längst fern zurückzuliegen scheinen und es unmöglich anmutet, all das noch einmal von Neuem an zu durchleben. Was bleibt, von dieser Reise, ist, wer und wo ich heute bin; und vielleicht auch die Andeutung eines Blickes in die Zukunft hinein; auch wenn sie nicht mehr oder minder vage und unbestimmt scheint, wie das Vergangene. Letztlich scheinen sie beide, Erinnerung und Ahnung, nichts weiter als ein Traum zu sein; nur meiner selbst entsprungen. Ganz ohne, dass ich jemanden darauf festnageln könnte, weder mich, noch einen anderen; sie alle sind verschwunden. Ich bin weit gekommen, sage ich mir also, zu weit um dieselbe Strecke noch einmal gehen zu können, oder gar zu wollen. Doch nicht etwa, weil …
Zu meinen Füßen gibt das taunasse Moos mit jedem Schritt etwas nach, federt sanft ein und aus und schon gleich darauf wird es sein, als wäre nie jemand hier gewesen – weder ich, noch ein anderer. Es ist ein wenig, wie ich mir die Begegnung mit anderen Menschen vorgestellt habe. Ein kurzes Nachgeben, vielleicht aus Neugierde oder Mitleid heraus. Ich sinke als Gast hinein, dann trete ich hinaus, gehe voran und hinter mir atmet man sanft, vielleicht erleichtert auf, kann nun wieder frei und unbeschwert von mir sein. „Keine Sorge, ich bleibe nicht lange“, denke ich mir hier ebenso, wie wenn man mich in Arme schloss, ich für ein Abendessen am Küchentisch saß oder an jemandes Seite für eine Nacht in deren Bett schlief. Keine Sorge, ich bleibe nicht lange. Weder hier, noch anderswo. Ich glaube, ich wollte die …
Mit niemanden kann und muss ich heute sein, der auch mit einem anderen könnte. Ich weiß nicht, woher sie es nehmen, aneinander zu glauben.
2022/04/26
Noch in der Dunkelheit, alleine hinauf auf einen Berg steigen. Dort, zwischen Felsen, im eisig-kalten Wind auf den Sonnenaufgang warten, auf das karge, weite Land, vereinzelt Seen und Berge dazwischen, hinabsehen. Kein Licht darin, keine andere Menschenseele weit und breit. Über Stunden auf tiefblau-weites Meer hinaussehen, sich darin verlieren, den Wolken endlos mit meinem Blick folgen. Am frühen Morgen, die Luft noch ganz kühl, einen Birkenhain, Frühlingsgrün und Moos im ersten Sonnenlicht dazwischen, hinab zum stillen Ufer eines kleinen Sees erkunden. Mir ist, schon nach wenigen Tagen, als hätte ich eine Ewigkeit so verbracht, doch dabei keineswegs so, dass es mir unangenehm wäre oder ich es als eine Verschwendung empfinden würde. Vielmehr, als hätte ich Tausendes gesehen, tausende Leben gelebt. An all diesen Orten bin ich zuhause; nicht, wie andere das tun, wenn sie sich wieder und wieder einem anvertrauen, …
Noch immer denke ich vereinzelt an das Schreiben eines Buches, doch ist mir nie ein Anfang gelungen. Vielleicht wollte ich zu viel; vielleicht mangelt es mir schlicht an Talent und Phantasie. Jeder Satz soll ein Leben sein, jedes Leben ein Satz. Alles, das ich gedacht habe und mir besonders schien. Der Klang der Worte, die Bilder und Gedanken, die sie hervorrufen. Das alles sollte am Ende mein Leben gewesen sein, so dass ich aufrichtig sagen könnte: Seht, das bin ich. Vielleicht ist das zu viel verlangt. Vielleicht würde ich selbst, wenn ich zu mehr fähig wäre, noch immer nach mehr verlangen. Des Mangels an Worten, ihrer Grenzen bewusst, doch nicht davon ablassen wollen, noch können; immer über das Mögliche hinaus, wie Träumer, die unentwegt nach Sternen greifen. Einziges, wie uns das Schreiben scheint. Wenn ich die Handlung wüsste; ich glaube …
Nach draußen, mit einem Blick, der nichts mehr hält, aus dem Fenster hinaussehen. Erklären, was keiner verstehen kann; verstehen, was keiner erklären kann. Ohne Anfang, und Ende sein. Niemandem etwas entschuldigen müssen, weil es nichts zu entschuldigen gibt. Aufgelöst, vom Leben abgelöst sein. Gleich, ob nun ersetzt; oder fallengelassen. Eines, wie das andere.
2022/04/14
Zu sterben heißt, vom Leben entschuldigt zu sein.
2022/04/14
Einander vom Leben zu erzählen, hieße wohl auch das eigene danach abzutasten. Sich auf die Suche zu begeben. Wonach genau, weiß man; oder weiß es nicht. Vielleicht schlicht nach dem, das bleibt. Darin, Spuren von sich selbst finden.
2022/04/14
An niemandes Seite habe ich gelebt. An niemandes Seite bin ich alt geworden. Einzig in der Hoffnung, dass ich wenigstens auf dieselbe Art und Weise sterben werde, wie ich existierte – alleine, durch meine eigene Hand.
2022/04/05