Immer friert mir die Seele;
doch nur im Winter der Körper.
2022/11/24
Immer friert mir die Seele;
doch nur im Winter der Körper.
2022/11/24
Erst hatte ich aufgehört nach Sonnenauf- und Sonnenuntergang zu sehen, dann an sie zu glauben. Es ist dunkel, in der Nacht, und auch am Tag, doch eine Spur weniger. Es sind Nuancen, nichts, das wirklich trennen würde. Weder Tag und Nacht, noch mich und das Vergangene. Im Regen, der fällt, als sei er die Luft, die wir zu atmen hätten, hat sich alles, aber auch wirklich alles längst aufgelöst.
Es hatte geregnet, ohne Pause und Unterlass, so lange, bis sich alles endgültig darin aufzulösen schien, vielleicht sogar wir, die wir doch selbst kaum noch etwas anderes als Nuancen waren, so wie auch Tag und Nacht längst nur noch ein und dasselbe schienen. Allenfalls der Grad der Dunkelheit schwankte ein wenig, so wie das manchmal auch der Fall war, wenn sich eine verirrte Wolke, vielleicht in einem Anflug von Verwegenheit, für …
Tausende Kilometer habe ich zwischen Dich und mich gebracht, doch im Vergleich zur Distanz, die Du mit Worten in Sekunden geschaffen hast, sind sie unbedeutend. Distanz, größer als ein ganzes Leben. Und ich suche nach Worten, für diese Distanz, die ich verspüre, doch verkenne dabei, dass Worte selbst Distanz bedeuten. Sie sind nichts als Entfremdung, ein peinliches Stochern im dichten Nebel, der sich für niemanden lichten wird – weder mich, noch einen anderen. Und manchmal, wenn ich an uns beide denke, ist mir, als wäre ich zwar vom einen bis zum anderen Ende der Welt gegangen, doch in Wahrheit keinen einzigen Meter weit gekommen. Nur vor Dir, vor Dir schien sie sich zu verneigen, die Welt. Sie lag Dir still und ergeben zu Füßen, während Du einfach stehengeblieben bist, nichts von alldem gesehen hast und doch glücklicher warst, als ich …
Wir alle,
die wir träumen,
erleiden irgendwann Schiffbruch,
vermag doch kein Traum der Welt das Leben.
2022/11/01
Wenn ich unterwegs bin, gleicht jeder Tag einem Jahr, liegt doch der gestrige Ort nicht nur weit hinter, sondern damit ebenso fern vor mir, bleibt doch ungewiss, ob ich je noch einmal zurückkehren werde.
2022/10/28
Das erste Licht, nach tagelanger Nacht und Dunkelheit,
die erste Musik, nach Stille und Sturm,
die ersten Worte, nach jahrelangem Schweigen;
doch nichts, wie eine einzige Berührung nach einem Leben ohne.
2022/10/28
Alleine zu sein, heißt mich selbst zu sein, bin ich doch selbst alles, das mir bleibt.
Wenn ich alleine bin, ist nicht länger wichtig, dass nichts an mir genug ist, bin ich doch selbst alles, das mir bleibt. Alleine zu sein, heißt mich selbst sein zu dürfen, ganz ohne, dass ich mir, in ihrem Schatten stehend, meiner Unzulänglichkeit bewusst wäre, die sie mich ablehnen lässt.
2022/10/27
Wem schreibst Du, wenn Du nachts nicht schlafen kannst? Wenn außer Dir niemand mehr wach ist und Du auch tags niemanden kennst, der Deine Gedanken lesen wollte?
Du, der Du hier alleine wachliegst, weit nach Mitternacht, an einem Ort, an dem kein Licht und niemand sonst ist. Hast Du gewusst, dass Licht viel weiter zu wandern vermag, als der, der es aussendet, selbst sehen und sich vorstellen kann? Das Licht anderer, getragen über Kilometer hinweg, sehe ich für Sekunden zwischen den Hügeln umherwandern. Suchend, scheinbar, doch sucht es nicht, wandert nur. Und ich, ich wollte mir schon vorstellen, dass Worte ebenso weit reichen. Auch dorthin, wo ich nicht hinsehen, mir keinen Ort mehr darunter vorstellen kann. Doch fürchte ich, dass das nur Illusion ist, habe ich doch, schlaflos wie ich bin, nicht einmal jemanden in dessen Richtung ich Worte senden …
Erzähle mir, erzähle mir vom Licht zwischen den Bäumen, dem Klang geschriebener Worte, dem Gefühl lebenslanger Einsamkeit. Erzähle mir bitte davon, denn alles andere kenne ich bereits; und was ich kenne, das interessiert mich nicht mehr.
Tragen lasse ich mich, nicht anders als Du und die anderen, doch nicht vom Glauben oder eines anderen Hände, sondern dem Licht zwischen den Bäumen an einem Februarmorgen, dem Klang geschriebener Worte, dem Gefühl lebenslanger Einsamkeit. Auch Du hast sie einmal gesehen und gefühlt, doch nicht zu Deinem Leben machen wollen. Vielleicht, weil Du nicht wusstest, wie sehr es auch ein Geschenk ist; vielleicht, weil es Dir eine Last war und Du viel lieber wie die anderen sein wolltest, ist doch das, was uns unterscheidet, die Wurzel alles Einsamen. Aber verraten, verraten und zurückgelassen hast Du uns damit alle, am Ende vielleicht sogar Dich …
Die Zeit, sie müsste rückwärts laufen, dann hätte alles wieder seine Ordnung.
Manchmal, wenn ich mich einsam fühle, frage ich mich, was jetzt anders sein soll, in und auf der Welt, wenn doch eigentlich alles gleichgeblieben ist, ich ebenso alleine bin, wie ich es immer schon gewesen war. Hier, weit oben im Norden aus dem Fenster sehend, Regen davor, der nun schon seit Stunden achtlos fällt, so als sei es eben das, was ein Regen für gewöhnlich tun würde. Möwen sehe ich, die schwarz, erst vor grauem Meer, dann vor grauem Himmel fliegen. Schwarz, nicht weiß, weiß nur die Schaumkronen der Wellen. Dann, von einem auf den anderen Moment, sind sie verschwunden. Vielleicht aus meinem Blick, oder aus der Welt. Meer und Himmel, beide nun so, als könne ich sie umdrehen. Sie spiegeln, ganz ohne, dass etwas anders werden würde. …