Die Geschichte der Traurigkeit, ist eine Geschichte der Einsamkeit, ist eine Geschichte des Lebens. Sie beginnt mit der Geburt; und endet mit dem Tod. Zu erzählen wäre sie Tag um Tag, doch ist unklar wem – und mit welchen Worten.
2022/08/27
Die Geschichte der Traurigkeit, ist eine Geschichte der Einsamkeit, ist eine Geschichte des Lebens. Sie beginnt mit der Geburt; und endet mit dem Tod. Zu erzählen wäre sie Tag um Tag, doch ist unklar wem – und mit welchen Worten.
2022/08/27
Und was, wenn es ein und derselbe Moment gewesen war? Nur dahinter, im Verborgenen, zwei verschiedene Leben. Vielleicht eines, das aufhört, und eines, das beginnt; vielleicht aber auch nur ein Erträumtes, und das Wirkliche. Welches davon weniger dadurch bedingt, wer wir waren, als wir ihn erlebten, als wovon wir träumten.
Da war doch etwas, zwischen uns, oder? Ich meine, die Art und Weise, wie Du mich angesehen hast. Dort, in der Nacht, im Licht der Straßenlaternen. Wir ganz allein, zwischen großen Linden und schlafenden Häusern, vereinzelt Sterne darüber. In diesem Augenblick, in dem ich mir nichts sehnlicher wünschte, als dass ich all das hätte behalten, mir bewahren können. Für den Moment nach diesem Moment; und überhaupt für das Leben, das unweigerlich folgt und folgen wird. Und ich weiß, nach außen hin war nichts, nichts weiter als ein Blick. Aber es …
Stell Dir vor, man könnte Gesagtes, Gedachtes und Gefühltes ebenso einfach aus der Welt schaffen, wie Geschriebenes. Geschriebenes, das ich vom Tisch wische, mir aus den Fingern schüttle, aus den Augen reibe.
2022/08/20
Für mich sind Stadt, und Menschen darin, nichts als Kulisse; nicht meines Lebens, sondern meiner Träume. Und ich begreife mein Leben als genau das, eine beliebige Träumerei vor einer Kulisse, die wir sie alle, ob wir nun wollen oder nicht, still und unausweichlich zum Leben des jeweils anderen liefern.
Schön hatte ich mir das ausgemalt, den Sommer über in die Stadt zu ziehen. Die Gewissheit zu haben, dass sie damit nicht länger fern ist, wenn ich sie denn bräuchte. Dass ich, wenn ich nun in ihrem Äußeren leben würde, dort, wo der Blick in die Ferne noch nicht gänzlich verstellt ist und ich das städtische Schauspiel im Hintergrund ahne, jederzeit die letzten Schritte in sie hineingehen könnte. Hinein unter Menschen. Immer dann, wenn mir danach zumute wäre. Und aus welchem anderen Grund, wenn nicht dieser Vorstellung, hätte es mich auch …
Hast Du gewusst, dass ich, wenn ich alleine auf dem Balkon zu Abend esse oder spät in der Nacht noch immer dort sitze und weiter in die Dunkelheit hinaussehe, ausgerechnet jenen einen Ort vor Augen habe, an dem wir uns das erste Mal begegnet waren? Ich meine, ist das nun Schicksal; oder einfach nur Zufall? Wenn Du einmal dorthin zurückkehren würdest, Du könntest mich aus der Ferne hier unten sitzen sehen. Und gestern, gestern Nacht sah ich ein winziges Licht dort oben. Und ich konnte nicht anders, als mir einzureden, dass Du das seist, Dich vielleicht einfach nicht traust, hier unten bei mir zu klingeln und eben deshalb dort oben bist, wo ich Dich sehen kann. Ich habe mir eilig eine Jacke übergezogen und bin, so schnell wie ich nur konnte, durch Dunkelheit und Fichtenwald hinaufgestiegen. Als ich schließlich dort …
„Inkognito habe ich dem stufenweisen Verfall meines Lebens beigewohnt,
dem langsamen Schiffbruch all dessen, was ich sein wollte.“
[Fernando Pessoa]
Aus der Distanz heraus, betrachte ich nüchtern mein eigenes Dasein. Ein Dasein, das ich kaum selbst mehr ertrage; und doch noch nicht davon ablassen kann. Ich bin überrascht, mit welcher Faszination ich dies tue; und kann nur vermuten, dass es dieselbe Sensationsgier sein muss, die mich schon an anderen Menschen immer so ungemein angewidert hatte. Gleich einiger Passanten bleibe ich mit aufgerissenen Augen und einem breiten Lächeln im Gesicht am Straßenrand stehen. Dabei ist mir, als würde ich auf einen Obdachlosen hinuntersehen, der hilflos in seinem eigenen Schmutz gefangen liegt. Von einem Wagen angefahren, das Elend unweigerlich und unumkehrbar in unser Bewusstsein hineinkatapultiert. Ich empfinde keine Spur von Mitleid; nur tiefe Abscheu, dass ich mir das selbst angetan habe. Dass …
Ich wünschte mir, dass mein Herz zu schlagen aufhören würde, wenn mir danach wäre. Und mir ist danach. Jetzt, wie ich hier in der Nacht wachliege, am liebsten nicht mehr sein würde und sich selbst das Einschlafen wie ein Fluch anfühlt. Doch alles, was mein Herz zu tun gedenkt, ist nur noch kräftiger zu schlagen. Bis zum Hals. Ich lege meine Hand auf meine Brust und spüre darunter etwas, das zwar zu mir gehört aber sich doch nicht danach anfühlt. Etwas, das kein Teil von mir sein kann und doch einer zu sein scheint. Es klopft, und klopft. Dann, eine Pause. Ewig scheint sie zu dauern und ist trotzdem nicht und nie lange genug. Mit einem kräftigen Schlag meldet es sich zurück. Gerade so, als gälte es die verlorenen Sekunden wiedergutzumachen und mich daran zu erinnern, dass das, was ich …
Wenn ich mich an mein Leben erinnere, kommt es mir manchmal vor, als hätte ich tausende Worte gekannt, doch keine für einen anderen Menschen gefunden. Weder die richtigen, noch irgendwelche. Vielleicht liegt das daran, weil es mir mit Menschen wie mit Worten ging – ich fand sie nicht.
Mein Notizbuch liegt vor mir. Darin, fein säuberlich und Seite für Seite, Kapitel meines Lebens. Ich blättere um, lasse spielend Wochen und Monate hinter mir, bis ich auf eine neue, noch unbeschriebene Seite stoße. Doch, gleich wie leer sie auch scheinen mag, habe ich bei genauer Betrachtung das seltsame Gefühl, sie sähe mich an, in mich hinein, nahezu einem Spiegel gleich. Woran denkst Du, fragt sie mich in tiefer Vertrautheit. Und ich beginne lautlos in ihr zu lesen, wie sie in mir, denn nicht vor, sondern hinter meinen Augen steht längst …
Sein Leben leben,
als wäre man
ganz alleine
auf der Welt
gewesen.
2022/06/26
Wieso nur ist Musik so viel schöner, als all die Menschen, die Jahr um Jahr spurlos an mir vorübergehen. Wieso nur erinnere ich mich beim Klang von Melodien in Sekunden an ganze Welten; und versinke im Nichts, wenn ich in Gesichter blicke. Wieso nur fühle ich mich in Musik geborgen; und im Leben verloren.
Wenn es Musik gibt, in der ich mich selbst finden kann – und die gibt es – und diese Musik von Menschen geschaffen wurde – und das wurde sie – dann müsste es eigentlich auch Menschen geben, auf dieser Welt, an deren Seite ich mich nicht länger einsam fühlen würde. Es müsste. Doch scheint mein ganzes Leben ein einziger Beweis dafür zu sein, dass dem nicht so ist. Früher einmal glaubte ich, ich hätte so jemanden gefunden. Jemanden, den ich letztlich doch verkannte, weil ich das …