Nur einmal in meinem Leben bin ich in die Verlegenheit gekommen, dass ein anderer vorgab für mich zu empfinden, vielleicht sogar für einen winzigen Augenblick selbst glaubte, dass es wahr sein könnte. Als sie ihren Irrtum kurz darauf bemerkte, und verstand, dass ich niemals bin, wonach sie suchte, wendete sie sich von mir ab. Anfangs unter Tränen, schließlich mit Schritten, die größer und bestimmter nicht hätten ausfallen können. Ich glaube, ich bin in meinem gesamten Leben nie einem Menschen unwichtiger gewesen, als diesem einen, für den ich trotz alledem empfand, ihn vermisste und über Jahre hinweg an ihn dachte. Ich habe sie nicht wiedergesehen, nie wieder etwas von ihr gehört. Vielleicht hatte ich insgeheim sogar Bewunderung für ihre Entschlossenheit empfunden, sich abzuwenden, nun auf der Suche nach einem anderen, so als wären ich und die Zeit mit mir – wenn kein großer Fehler – so doch schlicht und einfach unbedeutend genug gewesen, um sich daran erinnern zu wollen. Ich glaube sogar, dass sie nie ehrlicher, nie aufrichtiger zu mir gewesen war, als in jenem Moment, in dem sie zu verstehen gab, dass ich von keiner Bedeutung mehr sei. Auch nach all den Jahren, ist das alles, was ich über die Liebe sagen kann; doch müsste ich mich vielleicht gar im Schweigen üben, verstehe ich doch vom Lieben nichts.
2022/06/05