Seit Tagen schon rüttelt der Sturm zornig und unentwegt an meinem Zuhause, und ebenso konsequent wirft der nahe Leuchtturm sein Licht durch den Regen und lässt es wandern über das wenige an kargem Land. Sekunden der Aufmerksamkeit, spät in der Nacht. Zuweilen scheint er zu verschnaufen, dieser Sturmwind; doch eigentlich ist es mir fremd, ihn, diesen Wind, als eine Gestalt wahrzunehmen, so fern eines Zornes. Seltsam, dass Stürmen Namen gegeben werden. Ist der Sturm nicht schlicht des Sturmes wegen Sturm? Ganz ohne Wesen; und eigentlich nur deshalb so aufrichtig, und rein. Ich glaube, der Tag, an dem wir Stürme bändigen werden, ist der Tag, an dem wir alles Wirkliche verlieren werden.
Und das Meer? Endlich ist es so, wie ein Meer sein sollte. Rauschend, voller Bewegung und tausender weißer Wellen inmitten von endlos tiefem Blaugrau. Ich glaube, trotz dem, was mir und so vielem entgegensteht, und all der verlorenen Zeit – noch einmal jung sein, wollte ich doch nicht; denn dann würde ich nun nicht hier stehen, und stumm auf das Meer hinaussehen. Vor uns das Meer. Und wenn ich heute „uns“ schreibe, so meine ich damit niemand bestimmtes, allenfalls das, was ich heute bin. Fragmente, die ich als „mich“, oder „uns“ verstehe. Ist es das, was Älter werden bedeutet?
2019/10/06