Es gibt eine ältere Aufnahme, nicht wir, sondern Wien ist darauf zu sehen. Wien, von weit oben herab, als Lichtermeer in der Abenddämmerung eines kalten Februartags. Es ist überraschend still für eine so große Stadt, die scheinbar zum Greifen nah und doch fern ist, und überhaupt ist es ein wenig, als wäre alles vertauscht, das tiefe, dunkle Blau zu unseren Köpfen, das Licht vor uns zu Füßen. Doch nicht ganz ohne uns ist die Aufnahme, unsere Stimmen mischen sich dann und wann hinein. Ich erinnere mich nicht, worüber wir sprachen, aber dass wir es gedämpft taten, verstanden wir doch beide, dass es der Moment dafür war. Vermutlich erzählten wir einander, wie es zwei tun, für die insgeheim längst entschieden ist, dass sie sich verlieben werden. Später aber wünschte ich mir, dass wir nie über diesen Moment hinausgekommen wären. Dass wir uns die Unschuld bewahrt hätten; und damit die Möglichkeit, immer etwas füreinander zu sein. Nicht zu müssen, vielleicht nie zu werden, es aber, anders als heute, zu können. Ich vermute, wir hätten nie erzählen dürfen, liefen wir doch damit Gefahr, dass sich herausstellen würde, dass es das, was wir bei uns zu tragen glaubten, gar nicht gab; oder eigentlich alles ganz anders gewesen war. So, als könnte nur schweigend sein, was sein soll; auch wenn das hieße, dass auch über unsere Träume überhaupt nie gesprochen werden dürfte. Und weil uns selbst das Erzählen nicht mehr möglich ist, will ich wenigstens davon schreiben.
2022/09/26