Ich hatte, habe Geburtstag heute. Nicht, dass das sonderlich wichtig wäre. Für mich selbst vielleicht noch am aller wenigsten. Aber, der Grund wieso ich das schreibe, ist eine späte Einsicht. Donnerstagabend bin ich schließlich aufgebrochen, in Richtung Heimat – ohne so wirklich eine, oder wenigstens ein Zuhause zu haben. Ich fuhr vom frühen Abend an bis tief in die Nacht hinein, schlief zwei Stunden, fotografierte in der Morgendämmerung und fuhr weiter. Ich verbrachte wenige Stunden an einem anderen Ort, bis ich erneut aufbrach. Abfahrt in der Abenddämmerung, Ankunft nach rund 19 Stunden Autofahrt schließlich am späten Mittag. Ich bin in die Nacht hineingefahren, den Morgen und den Mittag. Ganz alleine. Ehrlich gesagt, es war nicht einmal die längste Fahrt meines Lebens. Angehalten habe ich nur wenige Minuten zum Tanken. Als ich gegen vier Uhr irgendwo in der Einöde neben dem Auto stand und etwas schwankte, da lachte ich in die Nacht hinein. Der Mangel an Schlaf der letzten Tage hatte schließlich dazu geführt, dass die Zeit stillzustehen schien. Die letzten Stunden der Fahrt waren schwer zu ertragen; vor allem die letzten Kilometer wollten einfach nicht vorbeigehen. Aber es half alles nichts, ich musste oder wollte zumindest hindurch; unerträglich hin oder her. Ein wenig wie das Leben selbst, scheint es mir manchmal. Nun habe ich also Geburtstag, zwei Stunden zumindest noch. Heute Morgen, noch in der Ferne, dachte ich, ich würde gleich am Steuer einschlafen. Nichts wollte helfen. Manchmal kommt das vor. Das Gefühl ist mir längst vertraut, Sekundenschlaf habe ich schon häufig erlebt. Doch da es bereits dämmerte, wusste ich aus der Erfahrung heraus, dass ich es, wenn ich nur für kurze Zeit weiter dem drohenden Sekundenschlaf trotze, schaffen würde. Also habe ich die Musik noch weiter aufgedreht; und lautstark mit einer Papprolle einen Schlagzeuger gemimt. Musik alleine hilft meist nicht, ebenso wenig wie kalte Luft, Schmerz oder Selbstgespräche; die Bewegung aber schon. Das ist, vielleicht, der Trick. Nun bin ich noch immer wach; und damit müde, und doch nicht müde. Knapp einen Monat lang bin ich unterwegs gewesen. Aber, und das ist der Grund, weswegen ich überhaupt schreibe: Ich habe erkannt, dass ich all das bin, das ich nicht bin. Das klingt seltsam; und ist doch wahrer als alles andere, das ich je geschrieben habe. Nur verstehen, verstehen würden sie das nicht. Vielleicht, weil sie nie etwas verstehen.
Und jetzt, wie ich erst einmal wieder hier bin, wünschte ich mir nichts mehr, als dass ich fortgeblieben wäre, denn eigentlich wäre ich dort viel besser aufgehoben gewesen. Nur, wieso konnte ich das nicht sehen, als ich noch dort war? Eigentlich weiß ich gar nicht, wer ich überhaupt sein soll. Nur dass ich das, was sie sind, weder bin, noch sein will, ist mir schmerzlich bewusst.
2022/03/19