Jetzt, wie ich hier stehe, der Gewitterwind angenehm über meinen Körper streicht und ich stumm aus mir hinausblicke, merke ich, dass ich zu sehen gelernt habe. Nicht die Hügel und Felder vor mir, die Dörfer, Windräder und vereinzelten Strommasten am Horizont. Die Wolken links hinten bedrohlich und tief blaugrau, rechts davon ein Keil, blauer Himmel, imposante weißgraue Ungetüme, größer als jeder Berg, den ich je bestiegen habe. Wolkenberge. Ich höre, dass der Wind, der mich umspielt, im Feld zu meiner linken anders klingt als zu meiner rechten. Die Halme geschmeidig, ein See, ein Wiegenlied. Und wieder anders ganz da hinten, in den Bäumen. Das hier, das sehe und fühle ich schon so lange. Es ist zuhause in mir. Je einsamer ich bin, desto mehr. Vielleicht weil alles in der Natur schöner wird je einsamer ich werde. Nein, das was ich heute sah, ich meine wirklich sah, war (…).
2020/06/13