Nichts, das wir verlassen, wird uns aus einem anderen Grund fehlen, als der Erinnerung an uns selbst, der Sehnsucht nach dem Ich an einem anderen Ort, der scheinbar dagewesenen Möglichkeit, sich dort als ein Anderer gefühlt zu haben.
Noch während ich reise – einige Wochen hinter mir, wenige weitere vor mir – verspüre ich die Gewissheit, dass ich all das vermissen werde. An einzelnen Orten, an denen ich mich zuhause fühle, auf langen Nachtfahrten zwischen dem einen und anderen, lasse ich Teile von mir zurück. Ein Tausch, der mit Erinnerungen einhergeht, so als könnte Neues immer nur dann geschehen, wenn ich selbst etwas von mir gebe; als würden, einem Buch gleich, Worte in mich hineingeschrieben, doch ich Seite für Seite auch ein paar meiner eigenen verlieren. Später einmal werde ich sie spüren, diese seltsamen Lücken und Leere, und meinen Verlust als Fernweh empfinden. Fernweh ist damit Erinnerung, Sehnsucht nach der einstigen Gelegenheit eines Ichs, das dort, in der Ferne, anders zu fühlen vermochte, als der, der ich heute bin. Es kann wohl dahinstehen, ob ich seinerzeit tatsächlich ein Anderer gewesen war; oder mich dessen heute nur wähne. Solange ich es erinnere, gilt es; und bleibt mir als Fernweh bestehen. Und es heißt, dass ein jeder Aufbruch einen Zauber innehätte, gleich, ob wir ihn wahrnähmen oder er uns in jenem Moment verborgen bliebe, doch scheint damit ein Zauber ohne Verlust gänzlich ausgeschlossen. Vielleicht ist die entscheidende Frage damit die, ob wir mit jedem Aufbruch, jedem späteren Anflug von Fernweh, weniger werden; oder sich zumindest die Waage hält. Wenn aber, dann hätte Pessoa wahrscheinlich Unrecht gehabt: der unsichtbare Saldo spräche nie gegen uns, bliebe es doch immer exakt ein und dasselbe.
2024/03/16