In den vergangenen Jahren habe ich so viel Zeit mit dem Warten verbracht – auf Wind und Wolken, die Gezeiten und den Sonnenstand, die Jahreszeiten -, dass ich manchmal schon fürchtete, ich würde nun wahnsinnig werden, wenn ich auch nur eine einzige weitere Minute meines Lebens auf dieselbe Art und Weise verbringen müsste. Doch wenn tatsächlich geschah, worauf ich, ob nun für Stunden oder gar Tage, alleine gewartet hatte, erfüllte mich das von solchem Glück, dass ich niemals an all der Zeit gezweifelt hätte. Das Warten schien es ein ums andere Mal wert gewesen zu sein.
Mindestens ebenso lange habe ich auf Menschen gewartet. Aber irgendwie war das anders. Vielleicht weil ich insgeheim wusste, dass es, ganz gleich wie lange ich warten werde, doch immer vergebens sein wird.
Heute scheint mir, dass jeder Sonnenauf- und Untergang den ich gesehen habe, mag er noch so kurz angedauert haben, doch hundertmal länger war, wie die Begegnungen mit anderen Menschen. Und ich muss dabei an Pessoa denken, der geschrieben hatte, dass es ein Einfaches sei andere Menschen auf Abstand zu halten – es genüge nicht auf sie zuzugehen.
2021/06/18