Ein Wanderer, Mann von Welt bin ich hier; und ein Niemand zuhause.
Selten zuvor habe ich den Wind so inbrünstig gehasst und verflucht wie heute Morgen. Unaufhörlich blies es die Wolken über Gipfel und Kamm, völlig unklar, woraus sich der scheinbar unaufhörliche Vorrat schöpfte, lag doch darunter nur das Tal, aus dem ich erst am Vortag heraus aufgestiegen war. Dieser Wolkenwind, eiseskalt und unbarmherzig ist er. Die Sonne ging schließlich dahinter auf, trat ab und an hindurch, doch nur für Sekunden und an ein gelungenes Fotografieren war kaum zu denken. Schon in der Nacht, die zweite in Folge, verschluckten mich Wolken, waren Sterne nur vereinzelt über mir am Himmel zu sehen. Kalt und feucht ist es dann, es tropft fast schon aus den Wolken heraus auf den Schlafsack, den ich auf Felsen im provisorischen Windschutz ausgebreitet hatte. Immerhin, das vorangegangene Abendlicht war zwar nur kurz zu bestaunen, aber aller Mühen wert gewesen. Noch am Morgen zuvor, ein anderer Gipfel, hatten mich ebensolche Nebelwolken in die Irre geführt. Ich hatte mich im Abstieg geirrt, fand mich zwar plötzlich am Fuße des Berges, doch auf gänzlich falscher Seite wieder. Zu korrigieren wäre das mit einem erneuten Aufstieg gewesen, doch schritt ich, ohne Sonnenlicht und rechte Anhaltspunkte erschwert in der Orientierung, stattdessen über das Plateau und Tal durch Niemandsland weiter hinab, wäre um ein Haar noch in ein gänzlich anderes Seitental abgebogen. Mühsam das Vorankommen ohne Weg, nicht einmal Tierpfade fand ich vor, stapfte erschöpft durch Tundra, überquert mehrmals den eingegrabenen Flusslauf, bis ich nach etwas über zwei Stunden tatsächlich wieder auf einen Wanderweg, einen Wasserfall und kurz darauf auch auf die Straße stieß. Glück gehabt, und um eine Erfahrung reicher. Und heute Morgen dann fast dasselbe Spiel – der unbarmherzige Wolkenwind kann schnell in die Irre führen. Der Abstieg steil, beschwerlich über hunderte ungleiche Stufen. Auf frühe Wanderer stieß ich schließlich, endlich im Sonnenlicht und fern des Windes angelangt, und hier und da plauderten wir für einen Moment miteinander. Nun, nur wenige Stunden darauf, anstehend der dritte Aufstieg in drei Tagen, doch lässt mir das gegenwärtig interessante Wetter keine Wahl – ruhen kann ich später.
2024/10/02