Vor wenigen Wochen habe ich meiner früheren Freundin geschrieben. Ich hatte lange mit mir gehadert, den Wunsch und den Gedanken daran oft wieder verworfen. Weit länger als ein Jahr hatte ich gar nichts mehr von ihr gehört, wusste nicht einmal, ob sie noch am Leben ist. Anfangs noch hatte es oft geheißen, sie müsse jeden Tag an mich denken. Ich gab mir Mühe, meinte es aufrichtig, feilte an den Sätzen, wollte wirklich wissen, was aus ihr und ihrem Leben geworden ist, in all den vergangenen Jahren. Ich hatte mich selbst hineingelegt, in diese Zeilen; und eben deshalb war es wohl von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Am Ende bin noch immer nur ich es gewesen, der ihr geschrieben, mich um sie bemüht hatte.
Ich schrieb ihr auch, dass ich manchmal auch heute noch an sie denke. Seltener zwar, aber immerhin. Dass ich mich fragte, wieso wir einst überhaupt zueinander gefunden hatten, nur um schon kurz darauf als großer Irrtum zu enden. Dass sie, trotz allem, ungeachtet der Fremde und Distanz, Inspiration und Begleiterin für mich war. Zu alledem entgegnete sie nichts; und ich bin mir sicher, dass wenn ich je selbst ein stiller Begleiter für einen anderen Menschen gewesen wäre, mehr darüber hätte wissen wollen, und vermutlich ebenso verwundert wie vielleicht sogar geschmeichelt darüber verbleiben würde.
Sie könne mir nicht antworten, es würde jenen verletzen, der ihr das Wichtigste sei, war die einzige Antwort, die ich erhielt. Nach mir, und meinem Leben, hatte sie sich nicht erkundigt. Mit keiner Silbe. Seltsam, oder? Sie, die früher einmal groß darüber sprach, was alles noch vor uns liegen würde. Ob sie das damit gemeint hatte? Dass wir uns eines Tages ganz egal sein werden? Ich schätze, dass wir, wenn wir uns nun sehen, auch nicht mehr grüßen müssen. Immerhin, vielleicht hilft es mir dabei, zu wissen, wie ich niemals sein möchte.
2022/05/31