Im vergangenen Jahr war ich an den Sommerabenden oft alleine unterwegs. Ich fuhr umher, vom Spazieren oder Schwimmen kommend, sah still und etwas verloren auf die Altstädte zu meinen Füßen hinunter. Nach einer Weile stieg ich seufzend ein und machte mich, meist Musik hörend und furchtbar einsam, auf den Weg nach Hause um dort in den Schlaf zu fliehen. Eines Abends, die Sonne stand bereits tief, färbte alles in einem warmen Farbton ein, hörte ich „Pictures Of You“ von The Cure. Mit offenen Fenstern drehte ich die Musik auf, summte und sang mit. Ich kam an einer Gruppe vorüber, die mich, am Wegesrand stehend, passieren ließ. Zwei Paare, ungefähr in meinem Alter, ein Hund dazu. Für wenige Sekunden sahen wir uns an. Heute kommt es mir so vor, als hätte in diesem einzelnen Moment mein ganzes Leben gelegen. Auch wenn da außer mir niemand war, der das wirklich hätte sehen und begreifen können. Ich, alleine und einsam, untermalt mit der besten Musik überhaupt; und sie, gemeinsam und miteinander vertraut. Ich, der schon damals auf Jahre des Alleinseins zurücksehen konnte. Selten habe ich die Einsamkeit meines Lebens besser begriffen. Ich habe sie vor allem deshalb begriffen, weil ich bis heute mit niemandem über diesen Moment gesprochen habe. Und eigentlich, eigentlich hätte ich von tausenden solcher Abende und Tage erzählen können.
2021/06/19