Für mich sind Stadt, und Menschen darin, nichts als Kulisse; nicht meines Lebens, sondern meiner Träume. Und ich begreife mein Leben als genau das, eine beliebige Träumerei vor einer Kulisse, die wir sie alle, ob wir nun wollen oder nicht, still und unausweichlich zum Leben des jeweils anderen liefern.
Schön hatte ich mir das ausgemalt, den Sommer über in die Stadt zu ziehen. Die Gewissheit zu haben, dass sie damit nicht länger fern ist, wenn ich sie denn bräuchte. Dass ich, wenn ich nun in ihrem Äußeren leben würde, dort, wo der Blick in die Ferne noch nicht gänzlich verstellt ist und ich das städtische Schauspiel im Hintergrund ahne, jederzeit die letzten Schritte in sie hineingehen könnte. Hinein unter Menschen. Immer dann, wenn mir danach zumute wäre. Und aus welchem anderen Grund, wenn nicht dieser Vorstellung, hätte es mich auch hierherführen sollen? Und ich frage mich, ob es im Leben nicht genau dasselbe ist, mit den Menschen um mich herum. Ich weiß von ihnen, und ich träume von ihnen. Ich tue dies, aus der sicheren Distanz heraus, wohl wissend, dass ich ihnen, und sie mir, nicht und niemals näherkommen werden. Wenn ich tatsächlich einmal durch die Straßen spazieren, als Passant unerkannt wie beliebig an ihnen vorübergehen würde, wäre ich damit ebenso Kulisse ihres Lebens, wie sie die meiner Träume. Und ich empfinde tiefe Dankbarkeit für diese Distanz; erspart sie uns doch beiden die Niederlage, einsehen zu müssen, dass wir nichts weiter, nie etwas anderes füreinander sein können. Vielleicht hätte ich fern von ihnen zwar ebenso alleine, doch niemals ein Träumer sein können. Und ich begreife das Leben als genau das, eine Träumerei vor einer Kulisse aus Menschen. Wir, die wir sie still zum Leben des jeweils anderen liefern, uns zwar sehen, aber niemals berühren.
2022/08/13