Sein Leben leben,
als wäre man
ganz alleine
auf der Welt
gewesen.
2022/06/26
Sein Leben leben,
als wäre man
ganz alleine
auf der Welt
gewesen.
2022/06/26
Ich dachte immer das gehöre so, müsse so sein, dass mich sich so fremd und gleich ist.
2022/06/24
Sich einreden, das Leben nur geträumt zu haben. Nicht, weil es ein schöner Traum gewesen wäre, sondern weil es anders nicht zu ertragen war.
Gewünscht hatte ich mir, dass ein anderer durch die Türe meines Lebens träte, um mich darin abzulösen. Doch muss ich einsehen, dass sich mein Leben längst verabschiedet, mich hier zurückgelassen hat. Nicht einmal aus Versehen, sondern mit voller Absicht. Zurückrufen wollte ich es nicht, doch hätte ich, wenn ich nicht gewusst hätte, dass es eben deshalb vor mir geflohen war, am liebsten darum gebeten, mich mitzunehmen, ganz gleich wohin. Dass es mich, wenn es mich schon zurücklassen muss, wenigstens an irgendeinem anderen Ort als ausgerechnet diesem verlassen würde. Vielleicht wird es, fern meiner eigenen Gestalt, alleine und für sich selbst fortan ein glückliches sein. Eines, von dem ich einst selbst geträumt hatte, bis ich das, was …
In der Einsamkeit verlieren Worte ihre Bedeutung, versprachen sie doch einst das Gegenteil. Gleich, ob ich sie sage oder schreibe, führen sie doch zu nichts. Haben sie nie, werden sie nie. All die Worte, die unbedeutend waren, weil sie einem Unbedeutenden entstammten. Manchmal schon glaubte ich, dass mich jedes Schweigen weiter davongetragen hätte, wenn ich nur früher den Mut dazu gefunden hätte, Abschied zu nehmen. Doch hier, an diesem Ort, erübrigen sie sich nun tatsächlich, werden zur Erinnerung. Ich bin ihrer überdrüssig; und auch dem Leben selbst. Vielleicht hätte ich viel zu sagen gehabt; nur niemandem.
2022/06/23
Auch ein verdammt schöner Sonnenuntergang,
bleibt ein verdammt einsamer Sonnenuntergang.
Sonnenwende, der längste Tag im Jahr, der einsamste Tag im Jahr. Auf Dich, mein lieber Sommer.
2022/06/21
Dinge, die mich an mein früheres Leben erinnern; Dinge, die ich benennen muss, um sie zu vergessen.
– Wanderrucksäcke
– Himbeertiramisu, Müsli mit Trauben, Schokobons und Zimtschnecken
– Flixbusse, ganz egal wohin
– Käse- und Wurstaufschnitt vom Supermarkt
– Freitagabende, Wochenenden
– Vespern
– jeder Aufbruch in die Ferne
– Shorts, Sweatjacken und weiße T-Shirts
– der Blick in den Spiegel, blaue Augen darin
– Hauptbahnhöfe und Bahnsteige
– Bilder, die ich mir längst nicht mehr ansehe
– Wien
2022/06/17
Vor wenigen Tagen saß ich mit jemandem auf einer Bank, zu unseren Füßen die Altstadt im Abendlicht, ein Weinberg davor. Ich sah nach vorne, sie saß mir etwas zugeneigt an meiner Seite. Ich sagte etwas, sie lachte darüber. Plötzlich streckte sie ihren Arm aus, legte ihre Hand für einen Moment auf meine Schulter. Nur den Bruchteil einer Sekunde, dennoch lange genug. Es schient nicht geplant, vielmehr aus ihrem Inneren zu kommen. Es erinnerte mich daran, dass sie sich, als wir uns vor Jahren einmal voneinander verabschiedeten, gerade voreinander standen, plötzlich auf ihre Zehenspitzen stellte und mir einen Kuss auf den Hals drückte. Verwundert, fragte ich mich, mehr, als was das nun für mich und uns zu bedeuten habe, woher sie das nur nehme, diese innerste Geste, die sie zu haben und mir dagegen zu fehlen schien.
2022/06/14
(nur den Fehler …
Noch immer streife ich manchmal, wenn ich etwas verloren und einsam dahingehe, im Vorbeigehen über das, was dann an meiner Seite liegt. Ganz gleich, ob ein altes Gemäuer, eine verwitterte Bank oder das Grass einer Wiese. Alles, das nicht Mensch ist. Ich streife mit den Fingern darüber, zerreibe sachte die Samen eines Halmes, die morsche Rinde eines Baumes zwischen meinen Fingerspitzen. Früher, wenn ich ebenso dahingegangen war, wollte ich mich mit jeder Berührung vergewissern, dass ich ebenso existiere, wie all das andere auch. Mit den Jahren aber versank ich immer weiter in mir selbst, versuche mir nun vielmehr einzureden, dass auch nur irgendetwas außerhalb von mir zu bestehen vermag. Dass das, was ich mit meinen Händen berühre, kein Teil von mir sein kann, sage ich mir, doch ein Zweifel verbleibt. Noch immer verstehe ich nicht, wie es möglich ist, dass …
Hell leuchtet der Vollmond zu mir herein. Wieder einmal. Ich erinnere mich; ganz genau wie im vergangenen Jahr. Ich bin nicht mehr, oder minder einsam. Alles ist gleich, alles bleibt gleich. Und doch ist’s der einsamste Sommer meines Lebens. Er wirft Licht und Schatten auf mich, und mein Bett. Mondlicht. Schließlich, spät in der Nacht, ein Sommergewitter. Erst der Donner, dann Regen. Erlösung. Bis ich aufwache.
Wenn ich mir bewusst mache, dass bereits fünf Jahre vergangen sind, seit wir in trauter Zweisamkeit gemeinsam durch Sommerabende spazierten, ich nun den sechsten Sommer in Folge schon alleine bin, weil sie alle längst nicht mehr sind, sie die Welt nicht mehr ertragen und mich hier als letzten zurückgelassen haben, denke ich mir, dass es ein beschissener Segen sein muss, selbst nicht mehr aufzuwachen.
2022/06/12
Manchmal geschieht etwas mit mir. Ich bleibe stehen, will träumen, gerade hier an diesem Ort, der zum Träumen einlädt wie kein Zweiter, doch sinke ich stattdessen in mich hinab, bin mir plötzlich viel zu nahe. Vielleicht gilt es immer in Bewegung zu bleiben, der Wunsch nach einem wirklichen Stillstehen in Wahrheit nur ein Traum. Vielleicht der älteste aller Träume. Nicht, dass es in meinem Inneren dann besonders arg wäre; nur unendlich grau und unbedeutend. Unter ewig gleichem Himmel scheint plötzlich alles, das ich sagte, sagen könnte und sagen werde, überflüssig, keiner Mühe wert. Stattdessen schweige ich, denn ich wollte nicht das Geringste davon jemandem zumuten, am liebsten nicht einmal mir selbst. In diesem Gefühl von Überdruss, frage ich mich, ob Worte an jemanden zu richten, nicht vielleicht doch nur eine ungemein schlechte Angewohnheit ist, zu der ein Mangel an Selbstreflektion …