Am Meer stehe ich, drehe mich abwechselnd in den heftigen Sturmwind hinein und hinaus, nicht unschlüssig, sondern gerade so lange, wie ich es aushalte, ihn in meinem Gesicht zu spüren und es wieder an der Zeit ist, der Naturgewalt den Rücken zu kehren. Nicht, dass sie dann fort wäre, weder hier bei mir, noch aus der Welt, doch mein Gesicht brennt mir dann für einen Moment weniger, kalt wie es ist, dieses beißende Tosen. Tief Luft hole ich dann, halte für einen Moment inne und stoße sie schließlich in einem einzigen Anlauf kräftig zwischen meinen Lippen hinaus. Zum Sturm gesellt sich mein Atem, wird unweigerlich ein Teil seiner Kraft, gibt ihm vielleicht sogar noch ein letztes bisschen dazu. Und ich muss lächeln, als einsame Gestalt am Meer stehend, fühle ich mich doch dabei an die beiden aus Nothing Personal erinnert. Sie, die an einem ebenso regnerisch-kalten Tag, wenn auch nicht ganz so stürmisch, zusammen an einer kleinen Straße entlang durch die Einöde ziehen. Eine Straße, an der weit und breit kein einziges Haus steht, keiner der Bewohner dieser Gegend, sollte sie denn welche haben, auf ihr fährt. Für einen Moment bleiben die beiden stehen, irgendwo zwischen Anfang und Ende der Ewigkeit, halten inne und in das Schweigen hinein, fragt sie ihn, ob sie ihm denn etwas zeigen solle. Er nickt, knapp und doch bestimmt, wie es für ihn üblich ist, ist er vielleicht für gewöhnlich kein Mann vieler aber doch großer Worte. Sie holt ganz tief Luft, blickt mit einem kurzen Zögern auf die Landschaft hinaus und pustet dann die ganze Luft aus sich heraus. Ein Wind kommt auf, nahezu zeitgleich und wie gerufen, streift den beiden durch die Haare, über die Halme und den trostlosen Grund zu ihren Füßen, vielleicht überhaupt über das ganze, weite Land, das nirgendwo so richtig aufzuhören scheint. Er lächelt, weise, und entgegnet, dass sie jetzt dafür sorgen solle, dass er auch wieder aufhöre, der Wind. Das könne sie nicht, antwortet sie ihm ernst, seine Augen mit einem Blick streifend. Und ich, ich kann das auch nicht. Aber, ich will auch gar nicht. Und weißt Du was? Ich glaube, sie wollte das auch nicht, sind wir doch wahrscheinlich beide von Geburt an Kinder des Windes gewesen. Hätten wir einander gekannt, verstanden hätten wir uns kaum, den Wind aber schon. Wahrscheinlich wäre das mehr, als ich es von den meisten und mir behaupten könnte. Ich drehe mich wieder um, meine Gedanken bläst es augenblicklich fort, vielleicht bis zu ihr, vielleicht zu niemandem.
2022/09/30