Eine der Gegebenheiten, mit denen man als Mensch wohl unmöglich umgehen kann, ist die Einsicht ein ganzes Leben alleine gewesen zu sein.
Nichts davon verstand ich, wenn ich in meinen Tagebüchern blätterte, oder mir Bilder vergangener Tage ansah. Es geschah immer dann, wenn ich mir die Musik anhörte, die mir in den letzten Jahren wichtig gewesen war. Ein jedes dieser Lieder erinnerte mich an einen Moment, und eine bestimmte Zeit meines Lebens. Sie alle hatten eines gemein: in keiner einzigen dieser Erinnerungen ist jemand an meiner Seite gewesen, noch dass ich diese Lieder später einmal hätte teilen, und gemeinsam empfinden können. Jede dieser Erinnerungen war in meinem Inneren mit den Melodien aufs Innerste verwoben; und ohne Einsamkeit wäre wohl nichts davon geschehen.
Und so bin ich in jedem einzelnen Augenblick, in dem ich wirklich gelebt und gefühlt habe, alleine gewesen. Und auch wenn ich heute weiß, dass nichts davon vor einem anderen Menschen geschehen ist, noch für jemanden wichtig gewesen wäre, erscheint es mir doch unmöglich, ebendies tatsächlich zu begreifen. Ich bleibe stumm zurück mit einem Gefühl des Unglaubens, dass mein Leben tatsächlich so verlaufen ist. Aber wieso hätte es auch anders kommen sollen?
2020/09/09